Das Insolvenzverfahren ist nicht – wie wohl landläufig angenommen
– ein Institut, um eine Person von ihren Schulden zu befreien. Das
Insolvenzverfahren ist nach seiner gesetzlichen Konzeption ein
Korrekturrecht, welches die
Einzelzwangsvollstreckung der
besicherten Gläubiger eines insolventen Unternehmens in den
Unternehmensverbund verhindern soll, um die volkswirtschaftlich
günstigsten Sanierungsmöglichkeiten, insbesondere eine
Betriebsübertragung im Ganzen weiterhin zu ermöglichen. Daher
werden Unternehmensinsolvenzen auch als Regelinsolvenzen
bezeichnet, weil sie innerhalb der Insolvenzordnung (InsO) die
Regel sind. Die ebenfalls in der Insolvenzordnung geregelte
Privatinsolvenz, die unter strengen Voraussetzungen zu einer
Befreiung von bestehenden Verbindlichkeiten führen kann, stellt
indes ein sozialromantisches Institut dar, welches der Gesetzgeber
nur bei Gelegenheit kodifizierte. Diese dargestellte, bereits in
§ 1 InsO enthaltene Wertung ist für das Grundverständnis der
Insolvenzordnung essenziell. Nur wer begreift, dass die
Insolvenzordnung in ihrem Kern der Sanierung von Unternehmen
dienen soll, kann die Vorschriften dieses Gesetzes verstehen und
entsprechend auslegen.
Für die Betroffenen, die
Schuldner und Gläubiger, bedeutet dies aber nicht, dass das
Insolvenzverfahren ein für die Befriedigung ihrer Interessen
zugeschnittenes System ist. Vielmehr verlangt die Insolvenzordnung
eine weitgehende Beschneidung der Freiheitsrechte des Schuldners
zugunsten des
Insolvenzverwalters und
erfahrungsgemäß eine erhebliche Aufzehrung des noch vorhandenen
Vermögens durch
Verfahrenskosten zu Lasten
der Gläubiger. Das Insolvenzverfahren ist bei wirtschaftlichen
Schieflagen daher eine nur sehr ungünstige Alternative von
zahlreichen anderen.
Weil es sich bei einem
Insolvenzverfahren allerdings um ein Antragsverfahren handelt,
obliegt es den Beteiligten – freilich unter Beachtung der
gesetzlichen Verpflichtungen –, ein solches einzuleiten. Es
empfiehlt sich daher sowohl für Schuldner als auch für Gläubiger,
die Einleitung eines solchen Verfahrens umfassend zu durchdenken,
die Gefahren von Vermögensverlusten abzuschätzen, die
Kosten des Verfahrens zu
kalkulieren und sämtliche Alternativen in eine Gesamtabwägung
einzustellen. Die Bestellung eines
Insolvenzverwalters
bedeutet den vollständigen Kontrollverlust über sämtliches
Vermögen. Aus meiner Sicht ist das Insolvenzverfahren bereits
deshalb nie eine echte Alternative.