Publikationen

Rechtsanwalt Knapp ist Autor von insolvenzrechtlichen Fachbeiträgen in juristischen Fachzeitschriften. Im Folgenden finden sie seine bislang veröffentlichten Fachbeiträge.
Rezension des Heidelberger Kommentars und Zimmer’s InsVV in der zweiten Auflage, ZInsO 2023, 492 ff.
Die Liquidation von Schadensersatzansprüchen im Vergütungsfestsetzungsverfahren des Insolvenzverwalters, ZInsO 2023, 542 ff.
Die gesetzmäßige Bestimmung der Zuschlagshöhe bei der Verwaltervergütung, ZInsO 2022, 2174 ff.
Die tatbestandlichen Anforderungen an einen Zuschlagsgrund im Sinne des § 3 Abs. 1 InsVV, ZInsO 2022, 1895 ff.
Das Vergütungsrecht des Insolvenzverwalters – von den Sperrwirkungen des § 1 II Nr. 1 S. 1, 2 InsVV, NZI 2022, 206 ff.
Die Vergütung des Insolvenzverwalters, Nomos Verlag, 2021, 450 Seiten
Die Vergütung des Insolvenzverwalters - weg vom sozialistischen Sanierungssystem, INDat 2021/10 S. 38 ff.
Das Vergütungsrecht des Insolvenzverwalters, eine etwas andere Perspektive – von der Behandlung der rückfließenden Gelder, ZInsO 2021, 2363 ff.
Das Vergütungsrecht des Insolvenzverwalters, eine etwas andere Perspektive - von der Anfechtungsindustrie und unzulässigen Erfolgsvereinbarungen, ZInsO 2021, 1943 ff.
Das Vergütungsrecht des Insolvenzverwalters, eine etwas andere Perspektive - von der Berechnungsgrundlage des vorläufigen Insolvenzverwalters und dessen Pyrrhussieg, ZInsO 2021, 1705 ff.
Das Vergütungsrecht des Insolvenzverwalters, eine etwas andere Perspektive - von den steuerlichen Pflichten des Insolvenzverwalters und den vergütungsrechtlichen Folgen von blindem Aktionismus, ZInsO 2021, 1428 ff.
Das Vergütungsrecht des Insolvenzverwalters, eine etwas andere Perspektive - von der vergütungsrechtlichen Behandlung der verwerteten Realsicherheiten, ZInsO 2021, 772 ff.
Das Vergütungsrecht des Insolvenzverwalters, eine etwas andere Perspektive - von der Ermittlung insolvenzspezifischer Ansprüche und einer rechtswidrigen Gestaltung der Verfahrensabwicklung, ZInsO 2021, 588 ff.
Entscheidungsanmerkung zu LG Münster vom 13.08.2020 - 5 T 249/20, NZI 2020 963 f.

Entscheidungen

Im Folgenden finden Sie eine Auswahl an höchstrichterlichen Entscheidungen zum Insolvenzrecht und zur Anwaltshaftung. Die besprochenen Entscheidungen sind chronologisch absteigend sortiert.

22.07.2021
§ 1 II Nr. 1 S. 2 InsVV entfaltet eine absolute Sperrwirkung
BGH vom 22.07.2021 – IX ZB 85/19

Mit Beschluss vom 22.07.2021 hat der Bundesgerichtshof endlich entschieden, dass § 1 II Nr. 1 S. 2 InsVV eine absolute Sperrwirkung entfaltet. Der Insolvenzverwalter darf nach einer Verwertung von drittrechtsbelasteten Massegegenständen höchstens die Hälfte der bei der Masse verbleibenden Feststellungskosten als Mehrvergütung erhalten. Dies hat aber noch deutlich mehr zur Konsequenz als die Entscheidung verlautbart. Aufgrund dieser Sperrwirkung müssen nicht nur vereinnahmte Feststellungskostenbeiträge, sondern auch Verwertungskostenbeiträge und die einbehaltene Umsatzsteuer aus der einfachen Berechnungsgrundlage ausgeklammert werden. Auch muss bei der Zuschlagsfestsetzung berücksichtigt werden, dass der Verwalter unter keinen Umständen mehr als die Hälfte der Feststellungskosten vereinnahmt. Diese Entscheidung zeigt deutlich, dass der Bundesgerichtshof nunmehr auch im Vergütungsrecht eine dogmatisch einwandfreie Linie verfolgt und den Insolvenzgläubigern Spielraum eröffnet, gegen überhöhte Vergütungsanträge vorzugehen. Es ist damit zu rechnen, dass vergangene Entscheidungen, die ohne überzeugende Begründung zu Mehrvergütungen der Verwalter führten, von der aktuellen Senatsbesetzung bei Gelegenheit revidiert werden.
„Die Kappungsgrenze in Höhe von
50 % der Feststellungskosten stellt aber eine absolute Grenze dar"

10.06.2021
Kein Zuschlag für die Befassung mit Drittrechten durch den vorläufigen Verwalter
BGH vom 10.06.2021 – IX ZB 51/19

Unter dem 10.06.2021 hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass der vorläufige Verwalter für den Mehraufwand bei der Beschäftigung mit drittrechtsbelasteten Gegenständen nicht die Einbeziehung der Werte in die Berechnungsgrundlage und gleichzeitig eine Vergütungserhöhung im Wege eines Zuschlags geltend machen kann. Durch die Einbeziehung der Werte in die Berechnungsgrundlage ist sein gesonderter Aufwand in aller Regel ausreichend abgegolten. Im Übrigen wird in dieser Entscheidung endlich klargestellt, dass die Einbeziehung von belastetem Vermögen in die Berechnungsgrundlage des vorläufigen Verwalters nach § 11 I S. 2 InsVV nur mit Tätigkeiten in Bezug auf die Gegenstände und nicht mit einer aufwändigen Untersuchung der Drittrechte gerechtfertigt werden kann. Insofern gibt die BGH-Entscheidung das wieder, das zuvor in meinem Beitrag in der ZInsO 2021, 1705 ff. auszuführen war.
„Soweit der vorläufige Insolvenzverwalter eine Vergütung für den aus der erheblichen Befassung mit einem Vermögensgegenstand entstandenen Aufwand erhält, weil die Berechnungsgrundlage um den Wert des Aus- oder Absonderungsrechts erhöht worden ist, können solche über die Erhöhung der Berechnungsgrundlage vergütete Tätigkeiten nicht herangezogen werden, um einen Zuschlag zu rechtfertigen."

29.04.2021
Zuschläge für besondere Tätigkeiten sind nicht abstrakt festzusetzen.
BGH vom 19.11.2020 – IX ZB 58/19

Mit Beschluss vom 29.04.2021 hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass Mehraufwände des Insolvenzverwalters in größeren Verfahren regelmäßig durch die bereits erhöhte Regelvergütung abgegolten sind. Hiermit hat der Bundesgerichtshof nun endlich klargestellt, dass sich die Zuschläge stets an der zugrundeliegenden Regelvergütung zu orientieren haben. Auf Faustregeltabellen und abstrakte Prozentsätze kann daher nicht mehr rekurriert werden. Für Insolvenzgläubiger ist diese Entscheidung wahrlich ein Segen, da überhöhte Zuschläge mit Bezugnahme auf diese Entscheidung korrigiert werden können.
„In einem größeren Insolvenzverfahren ist der regelmäßig anfallende Mehraufwand des Insolvenzverwalters im Grundsatz bereits dadurch abgegolten, dass die größere Vermögensmasse zu einer höheren Vergütung führt."

19.11.2020
Rückfließende Gelder wirken nicht vergütungserhöhend.
BGH vom 19.11.2020 – IX ZB 21/20

Mit Beschluss vom 19.11.2020 hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass erstattete Prozess- und Gerichtskosten die Verwaltervergütung nicht erhöhen. Damit dürfte er nunmehr auch von seiner Rechtsprechung zur gesonderten Berücksichtigungsfähigkeit des Vorsteuererstattungsanspruchs auf die Verwaltervergütung abgerückt sein. Der Bundesgerichtshof anerkennt nunmehr, dass jeder Massegegenstand nur einmal vergütungswirksam werden kann, unabhängig davon, ob der Gegenstand im Verlauf des Verfahrens die Insolvenzmasse verlässt und später wieder zurückkehrt.
„Vom Prozessgegner erstattete Prozesskosten und von der Gerichtskasse erstattete, nicht verbrauchte Gerichtskosten sind gegen die von der Masse verauslagten Kosten zu verrechnen; sie erhöhen die Berechnungsgrundlage der Vergütung des Insolvenzverwalters nicht."

12.03.2020
Insolvenzzweckwidrig unternehmerische Entscheidungen des Insolvenzverwalters bleiben nicht folgenlos.
BGH vom 12.03.2020 – IX ZR 125/17

Mit Urteil vom 12.03.2020 hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass der Insolvenzverwalter bei jeder unternehmerischen Entscheidung den Insolvenzzweck der bestmöglichen Befriedigung der Gläubiger in das Zentrum seiner Überlegungen stellen muss. Ist die Entscheidung aus der Perspektive ex ante unter Berücksichtigung der Kosten und Risiken nicht mehr vertretbar, macht der Insolvenzverwalter sich gegenüber der Insolvenzmasse schadensersatzpflichtig. Insofern dürfte es sich für Großgläubiger regelmäßig lohnen, die Verfahrensgeschehnisse anhand des Berichtswesens nachzuvollziehen und zu prüfen, ob der zur Verteilung gelangende Geldbestand nicht höher gewesen wäre, wenn der Verwalter Entscheidungen anders getroffen hätte.
„Maßstab aller unternehmerischen Entscheidungen des Insolvenzverwalters im Rahmen einer Betriebsfortführung ist der Insolvenzzweck der bestmöglichen gemeinschaftlichen Befriedigung der Insolvenzgläubiger sowie das von den Gläubigern gemeinschaftlich beschlossene Verfahrensziel - Abwicklung des Unternehmens, Veräußerung oder Insolvenzplan - als Mittel der Zweckerreichung."

14.02.2019
Berechnungsgrundlage der Vergütung bleibt bei vorzeitigem Ende auf den Forderungsbestand beschränkt.
BGH, 14.02.2019 – IX ZB 25/17

Mit Beschluss vom 14.02.2019 hat der Bundesgerichtshof entschieden, bei der vorzeitigen Beendigung des Insolvenzverfahrens können Anfechtungsansprüche nur insoweit in die Berechnungsgrundlage der Vergütung des Insolvenzverwalters eingehen, wie sie zur Befriedigung der Gläubiger benötigt werden. Dahinter steht der Gedanke, bei einem hypothetischen Abschluss des Verfahrens hätte der Anspruch aus der Insolvenzanfechtung eben auch nur insoweit eingezogen werden können, wie er zur Befriedigung der Gläubiger benötigt worden wäre.

Anfechtungsrechtlich wird insofern aber auch bestätigt, dass der Bestand der Tabellenforderungen zuzüglich der Kosten des Verfahrens die Grenze für den Rückgewähranspruch aus der Insolvenzanfechtung darstellt. Weiterhin dürften daher intelligente Anfechtungsgegner Ansprüche aus der Insolvenzanfechtung auch über Tabellenbereinigungen und Vergütungsbeschwerden abwehren können.
„Wird das Insolvenzverfahren durch Einstellung vorzeitig beendet, ist in die Berechnungsgrundlage für die Vergütung des Verwalters auch ein Anfechtungsanspruch einzubeziehen, soweit dessen Einziehung zur Befriedigung der Insolvenz- und Massegläubiger erforderlich ist."

24.01.2019
BGH stärkt Absonderungsrechte.
BGH, 24.01.2019 – IX ZR 110/17

Mit Urteil vom 24.01.2019 hat der Bundesgerichtshof entschieden, bei einem unberechtigten Einzug von zur Sicherheit abgetretenen Forderungen stünde dem Sicherungsnehmer ein Ersatzabsonderungsrecht entsprechend § 48 InsO zu. Wird also der der abgesonderten Befriedigung unterliegende Vermögensgegenstand unberechtigt veräußert, kann der Absonderungsberechtigte den Gegenwert, soweit er in der Insolvenzmasse unterscheidbar vorhanden ist, herausverlangen.

Zwar ergibt sich aus dieser Entscheidung kein Hinweis darauf, inwieweit die Haftungsvorschrift des Insolvenzverwalters nach § 60 InsO mit der Ersatzabsonderung konkurriert. Würde man solche Konstellation allerdings über § 60 InsO lösen, wäre am Ende des Tages die Insolvenzmasse ungerechtfertigt bereichert, sodass es eines Ausgleichs zwischen Insolvenzverwalter und Insolvenzmasse bedürfte. In Fällen der Unterscheidbarkeit des Gegenwerts von der sonstigen Insolvenzmasse bleibt dieser aufwendigere Weg jedenfalls zukünftig erspart.
„Die Vorschrift des § 48 InsO ist auf Absonderungsrechte [...] entsprechend anwendbar."

10.01.2019
Bundesgerichtshof lässt die Behandlung durchlaufender Posten (zutreffend) erneut offen.
BGH, 10.01.2019 – IX ZB 40/18

Mit Beschluss vom 10.01.2019 setzte sich der Bundesgerichtshof mit der Vergütungswirksamkeit von Anfechtungsansprüchen auseinander, bei denen nach Abschluss des Verfahrens der zurückgewährte Betrag an den Anfechtungsgegner zurückzuerstatten war. Im Zuge dessen behandelte er die bislang nicht abschließend geklärte Frage, ob sogenannte durchlaufende Posten, also solche Gelder, bei deren Zufluss schon feststeht, dass sie die Insolvenzmasse wieder verlassen werden, innerhalb der Berechnungsgrundlage als Insolvenzmasse im Sinne des § 1 I S. 1 InsVV zu berücksichtigen sind. Im Ergebnis lehnte er aber nicht nur eine Vergleichbarkeit des dortigen Sachverhalts mit sonstigen durchlaufenden Posten ab. Vielmehr stellte er ausdrücklich klar, dass es dahinstehen kann, ob rückfließende Beträge oder durchlaufende Gelder die Berechnungsgrundlage stets erhöhen oder außer Betracht zu bleiben haben. Er brachte lediglich zum Ausdruck, dass sich insbesondere aus § 1 II Nr. 5 InsVV ein Rechtssatz dahingehend nicht ableiten lässt.
 
Auch wenn sich aus einer früheren Entscheidung des IX. Zivilsenats entnehmen lässt, dass der Bundesgerichtshof dazu neigt, den Insolvenzverwaltern zum ausschließlichen Zwecke der Mehrvergütung reine Rechnungspositionen zuzusprechen, sollte diese Frage in der Praxis methodisch sauber behandelt werden, weil eben keine abschließende höchstrichterliche Rechtsprechung existiert. Rein wirtschaftlich ist die Frage außerdem von großer Bedeutung, da insbesondere die Umsatzsteueranteile aus verwertetem Betriebsvermögen, die freilich durchlaufende Posten sind, in einer Vielzahl von Fällen zu beträchtlichen Mehrvergütungen führen dürften, obgleich die Gläubiger nie an diesen Werten partizipieren werden. 
„Dabei kann dahinstehen, ob rückfließende Beträge oder durchlaufende Gelder die Berechnungsgrundlage steht erhöhen oder außer Betracht zu bleiben haben. […] Aus § 1 II Nr. 5 InsVV ergibt sich Insbesondere kein Rechtssatz, wonach durchlaufende Posten stets unberücksichtigt bleiben.“

07.11.2018
Befangenheit des BGH-Richters bei literarischer Verflechtung.
BGH, 07.11.2018 – IX ZA 16/17

Mit Beschluss vom 07.11.2018 hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass die Mitwirkung eines BGH-Richters an einer Festschrift für einen an einem Schadensersatzprozess beteiligten Insolvenzverwalter die Besorgnis der Befangenheit begründen kann. Vorliegend wurde unter anderen der amtierende Vorsitzende des IX. Zivilsenats wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, weil er in der Festschrift zum 70. Geburtstag eines bekannten Insolvenzverwalters diesen unter anderem als einen Mann bezeichnete, „der sich wie kein zweiter in vielfältiger Weise um das Insolvenzrecht und die angrenzenden Rechtsgebiete verdient gemacht" und der „den Acker „Insolvenz und Sanierung“ in sehr unterschiedlichen, einander aber immer wieder befruchtenden Funktionen bestellt und daraus reiche Ernte hervorgebracht" habe. Eine solche Entscheidung zu Gunsten des Rechtsstaates ist zu begrüßen. Dem insolvenzrechtlich Ungebildeten dürfte das Lesen dieses Beschlusses aber auch einen kleinen Eindruck hinsichtlich der Verflechtung der insolvenzrechtlich Gelehrten mit der Insolvenzverwalterpraxis vermitteln können.
„Die frühere Mitwirkung des abgelehnten Richters an einer juristischen Festschrift kann in einem Rechtsstreit, in dem der Geehrte als Beklagter wegen Pflichtverletzung in Anspruch genommen wird, die Besorgnis der Befangenheit begründen."

19.07.2018
Insolvenzverwalter wird anfechtungsrechtlich nur zum Vermieter bei bestehender Alternativität.
BGH, 19.07.2018 – IX ZR 307/16

Mit Urteil vom 19.07.2018 entschied der Bundesgerichtshof, dass die unentgeltliche Nutzungsüberlassung von Grundstücken nur dann gläubigerbenachteiligend und damit anfechtbar ist, wenn der Insolvenzschuldner die Immobilie selbst wirtschaftlich verwerten oder an Dritte entgeltlich überlassen hätte können. In diesen Fällen hat der Anfechtungsgegner eine übliche Miete als Vorteil der unentgeltlichen Überlassung zurückzugewähren. Bestand indes keine Genehmigungsmöglichkeit der Nutzung des Grundstücks, kommt eine Gläubigerbenachteiligung und damit die Anfechtbarkeit nicht in Betracht.

Entscheidend für die Anfechtbarkeit unentgeltlicher Nutzungsüberlassungen ist es also, dass der Anfechtungsgegner in der Lage gewesen wäre, Einnahmen zu erzielen und dies auch rechtlich hätte dürfen. Der kluge Anfechtungsgegner sollte in diesen Fällen aber unbedingt auch den Einwand der Entreicherung nach § 143 Abs. 2 InsO erheben.
„Ist eine Vermietung einer Sache nur mit behördlicher Genehmigung zulässig, benachteiligt die Gebrauchsübertragung und -überlassung zur unentgeltlichen Nutzung die Gläubiger, wenn die zuständige Behörde die erforderliche Genehmigung tatsächlich erteilt hätte oder hätte erteilen müssen."

04.07.2017
Bargeschäft beseitigt Geschäftsführerhaftung.
BGH, 04.07.2017 – II ZR 319/15

Mit Urteil vom 04.07.2017 entschied der Bundesgerichtshof erneut, dass jede Zahlung des Geschäftsführers, durch die eine gleichwertige Gegenleistung in das Gesellschaftsvermögen gelangt, nach § 64 GmbHG nicht ersatzfähig ist. Der Senat ist allerdings nicht der Auffassung, dass das Bargeschäftsprivileg nach § 142 InsO unmittelbar entsprechend anzuwenden ist.

Trotzdem sollte der haftende Geschäftsführer in Zukunft weiterhin darlegen, für welche Zahlungen werthaltige Vermögenswerte dem Gesellschaftsvermögen zugeflossen sind. Eine umfangreiche Begründung dieses Einwandes ist aber nur möglich, wenn die vollständige Buchhaltung durch den Geschäftsführer in Kopie einbehalten worden ist. Dies sollten Sie als Geschäftsführer nach Insolvenzantragstellung daher stets beachten.
„Die Ersatzpflicht des Organs für Zahlungen nach Insolvenzreife entfällt, soweit die durch die Zahlung verursachte Schmälerung der Masse in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Zahlung durch eine Gegenleistung ausgeglichen wird."

13.10.2016
Kein Mitverschulden des Mandanten bei Versäumen des Rechtsmittels.
BGH, 13.10.2016 – IX ZR 214/15

Mit Urteil vom 13.10.2016 stellt der Bundesgerichtshof leitsätzlich fest, dass den über ein Rechtsmittel unzureichend aufgeklärten Mandanten kein Mitverschulden trifft, wenn er gegen die nachteilige Entscheidung kein Rechtsmittel einlegt. Nach dieser Entscheidung, die sich übrigens auch sehr gut für das Studium des Pflichtenkanons des Rechtsanwalts eignet, muss der Mandant sich also keinen Abzug von seinem Ersatzanspruch gegen seinen ehemaligen Rechtsanwalt gefallen lassen, wenn er über die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels unaufgeklärt bleibt. Trotzdem bleibt die Einlegung eines Rechtsmittels die aussichtsreichste Variante, um dem endgültigen Schadenseintritt vorzubeugen. Bei fehlender Aufklärung bezüglich eines Rechtsmittels nach einem verlorenen Prozess sollte daher der Ablauf von Rechtsmittelfristen nicht abgewartet werden. Vielmehr sollte man sich im Falle eines verlorenen Prozesses stets selbstständig über die Rechtsmittelfristen informieren.
„Hat der Rechtsanwalt den Verlust des Vorprozesses aufgrund einer unzureichenden oder fehlerhaften rechtlichen Beratung und Vertretung zu verantworten, trifft den über die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels unzureichend aufgeklärten Mandanten kein Mitverschulden, wenn er es unterlässt, gegen die nachteilige Entscheidung im Vorprozess Rechtsmittel einzulegen."

17.03.2016
Juristische Methodik als Anknüpfungspunkt für die Haftung des Rechtsanwalts.
BGH, 17.03.2016 – IX ZR 142/14

Mit Urteil vom 17.03.2016 stellte der Bundesgerichtshof den Rechtssatz auf, dass der Rechtsanwalt bisher nicht entschiedene und in der Literatur nicht behandelte Fälle mittels juristisch begründeter Überlegungen zu bearbeiten hat. Hieraus dürfte folgen, dass der Rechtsanwalt sich in solchen Fällen am Wortlaut sowie am Sinn und Zweck der einschlägigen Vorschrift zu orientieren hat. Gleichwohl stellte der IX. Zivilsenat aber fest, dass eine einzelne Rechtsansicht des erkennenden Gerichts von anderen möglichen durch den Rechtsanwalt nicht antizipiert werden muss. Kommen mehrere juristisch begründete Auslegungsvarianten in Betracht, dürfte sich die anwaltliche Pflicht in der Aufklärung über die vorhandenen Risiken erschöpfen.
„Ungewöhnliche Fallgestaltungen, die weder Gegenstand einer höchstrichterlichen oder instanzgerichtlichen Entscheidung waren noch in einem der gängigen Kommentare oder Lehrbüchern behandelt wurden, hat der Rechtsanwalt auf der Grundlage eigener juristisch begründeter Überlegungen zu bearbeiten."

30.04.2015
Mehre Mahnungen reichen für die Kenntnis von der Zahlungseinstellung nicht aus.
BGH, 30.04.2015 – IX ZR 149/14

Mit Urteil vom 30.04.2015 entschied der Bundesgerichtshof, dass Zahlungen des späteren Insolvenzschuldners auf mehrfache Mahnungen und sodann nur in Raten nicht zwingend auf die Kenntnis des Zahlungsempfängers von der Zahlungseinstellung schließen lassen. Die schleppende Zahlungsweise könne nämlich die verschiedensten Ursachen haben. Solche Zahlungen sind also nicht ohne Weiteres anfechtbar. Erneut macht der Senat deutlich, dass dem Empfänger und späteren Anfechtungsgegner weitere Umstände über die Gesamtverbindlichkeiten oder das Zahlungsverhalten des Insolvenzschuldners hinsichtlich anderer Verbindlichkeiten bekannt sein müssen.

Sie als Anfechtungsgegner sollten sich daher weiterhin von Vorträgen des Insolvenzverwalters hinsichtlich schleppender Zahlungsweisen nicht beirren lassen.
„Zahlt der Schuldner auf eine relativ geringfügige Forderung erst aufgrund mehrerer Mahnungen nach über einem Jahr zwei Raten und tilgt die Forderung nicht vollständig, kann das Tatgericht zu dem Ergebnis gelangen, dass der Gläubiger allein hieraus nicht auf eine Zahlungseinstellung des Schuldners schließen musste."

09.10.2014
Mitgliedschaft im Gläubigerausschuss wird nicht nur zur Haftungsfalle.
BGH vom 09.10.2014 – IX ZR140/11

Mit Urteil vom 09.10.2014 konkretisierte der Bundesgerichtshof ausführlich die Überwachungspflichten des Gläubigerausschusses. Dieser hat unverzüglich nach der Übernahme des Amtes mit regelmäßigen Kassenprüfungen zu beginnen. Er hat die Person des Prüfers sorgfältig auszuwählen und zu überwachen. Zeigen sich Verstöße gegen die Vorschriften ordnungsgemäßer Rechnungslegung oder gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Vermögensbetreuung, kann mitunter eine Anzeigepflicht gegenüber dem Insolvenzgericht bestehen. Kommt der Gläubigerausschuss diesen Pflichten nicht oder nur unzureichend nach, haftet er den Absonderungsberechtigten und Insolvenzgläubigern auf Schadensersatz.

Ob dieser Haftungsmaßstab in der Praxis zu einer umfangreicheren Überwachung durch die Ausschüsse führen wird, dürfte aufgrund bestehender Haftpflichtversicherung zwar durchaus zweifelhaft sein. Jedoch dürfte sich aus diesem Urteil auch eine Garantenstellung der Mitglieder des Gläubigerausschusses im strafrechtlichen Sinne ableiten lassen, sodass die Annahme des Amtes zukünftig nicht mehr nur noch reine Haftungsfrage sein dürfte.
„Im Hinblick auf die Prüfung von Geldverkehr und -bestand besteht die Pflicht der Mitglieder des Gläubigerausschusses darin, eine mit der Prüfung zu betrauende Person sorgfältig auszuwählen und zu überwachen.“